Barrierefreies Bauen: Normen, Planung und innovative Lösungen

Barrierefreies Bauen ermöglicht uneingeschränkte Nutzung für alle Menschen. Normen, präzise Planung und moderne Technik schaffen nachhaltige Zugänglichkeit.

Ein konsequent barrierefreies Gebäude ist nicht nur für Menschen mit Behinderungen wichtig, sondern auch für ältere Personen, Familien mit Kleinkindern und temporär eingeschränkte Nutzer. Planer, Bauherren und Ausführende müssen dabei Normen, Funktionalität und Ästhetik in Einklang bringen.

Normen und gesetzliche Grundlagen



In der Schweiz gilt die Norm SN 521 500 «Hindernisfreie Bauten» als zentrale Grundlage. Sie legt Mindestanforderungen für Türen, Gänge, Rampen, Aufzüge und Sanitärräume fest. Ergänzend greifen kantonale Bauverordnungen und die Behindertengleichstellungsgesetze, die bauliche Diskriminierung verhindern sollen.

Internationale Standards wie ISO 21542 oder DIN 18040 bieten zusätzliche Orientierung, insbesondere für Projekte mit internationalen Partnern. Bei öffentlichen Gebäuden und Wohnbauten mit mehr als acht Wohneinheiten ist barrierefreies Bauen in vielen Kantonen verpflichtend.

Wesentliche Vorgaben betreffen u. a. Türbreiten (mind. 80 cm lichte Durchgangsbreite), Rampenneigungen (max. 6 % Steigung), Bewegungsflächen vor Türen (mind. 1,40 × 1,40 m) und die kontrastreiche Gestaltung von Bedienelementen.

  • Türlichte von mindestens 80 cm, idealerweise 90 cm
  • Rampen mit maximal 6 % Steigung und rutschfestem Belag
  • Bedienelemente in 85–105 cm Höhe, gut kontrastiert

Tipp: Normen bereits in der Vorplanung einbeziehen – nachträgliche Anpassungen sind oft aufwendiger und teurer.

Planungsprinzipien für hindernisfreie Gebäude

Eine hindernisfreie Planung beginnt bei der Erschliessung des Grundstücks. Wege sollten eben, gut beleuchtet und taktil erkennbar sein. Stufen werden durch Rampen oder Aufzüge ersetzt, Orientierungshilfen wie taktile Bodenindikatoren oder kontrastreiche Markierungen erleichtern die Navigation.

Im Innenbereich sind Bewegungsflächen so zu dimensionieren, dass Rollstühle, Gehhilfen und Kinderwagen problemlos manövriert werden können. Offene Grundrisse mit klaren Sichtachsen verbessern nicht nur die Zugänglichkeit, sondern auch die intuitive Orientierung.

Sanitärräume benötigen Bewegungsflächen neben und vor den Sanitärobjekten, unterfahrbare Waschtische sowie stabile Haltegriffe. Küchen in barrierefreien Wohnungen sollten höhenverstellbare Arbeitsflächen, leichtgängige Auszüge und gut erreichbare Stauraumlösungen bieten.

  • Ebenmässige Erschliessungswege mit rutschfestem Belag
  • Großzügige Bewegungsflächen und klare Sichtachsen
  • Bedienfreundliche Küchen- und Sanitärinstallationen

Tipp: Bei Sanitärräumen Bewegungsflächen für Rollstuhlfahrer immer rechts und links vorsehen – so bleiben beide Nutzungsrichtungen möglich.

Innovative technische Lösungen

Technologie kann Barrierefreiheit entscheidend unterstützen. Automatische Türantriebe, sensorgesteuerte Beleuchtung und sprachgesteuerte Systeme erleichtern den Alltag. Moderne Aufzüge mit grossen Kabinen, niedrigen Bedienelementen und akustischen sowie visuellen Signalen verbessern die Nutzbarkeit für alle.

Digitale Wegleitsysteme – etwa per Smartphone-App gekoppelt mit Bluetooth-Beacons – ermöglichen sehbehinderten Personen präzise Navigation im Gebäude. Smart-Home-Technologien erlauben es, Beleuchtung, Heizung, Fenster und Geräte ohne körperliche Anstrengung zu steuern.

Für Hörgeschädigte bieten Induktionsschleifen in Empfangsbereichen und Versammlungsräumen eine klare Audioübertragung direkt ins Hörgerät.

  • Automatische Türen mit Bewegungssensoren
  • Smart-Home-Steuerung per Sprachbefehl
  • Induktionsschleifen für bessere Sprachverständlichkeit

Tipp: Technische Systeme müssen auch bei Stromausfall sicher funktionieren – Notstromversorgung einplanen.

Materialwahl und Gestaltung



Barrierefreiheit bedeutet nicht Verzicht auf Ästhetik. Kontraste in Farbe und Materialität können Orientierung geben und gleichzeitig gestalterisch wirken. Bodenbeläge sollten rutschhemmend, fugenarm und leicht zu reinigen sein.

Transparente Glaselemente brauchen Sicherheitsmarkierungen, um Kollisionen zu vermeiden. Akustisch wirksame Materialien verbessern die Sprachverständlichkeit und senken den Geräuschpegel in stark frequentierten Bereichen.

Für die Beleuchtung sind gleichmässige Helligkeit, blendfreie Leuchten und ausreichende Ausleuchtung von Gefahrenpunkten entscheidend.

  • Rutschhemmende Bodenbeläge in allen Verkehrsbereichen
  • Deutliche Kontraste für Orientierung und Sicherheit
  • Blendfreie, gleichmässige Beleuchtung

Tipp: Glastüren mit zwei horizontalen Sicherheitsmarkierungen in Augenhöhe und Kinderhöhe versehen.

Wirtschaftliche Aspekte und Fördermöglichkeiten

Barrierefreies Bauen ist eine Investition in die Zukunftsfähigkeit von Immobilien. Durch den demografischen Wandel steigt die Nachfrage nach hindernisfreien Wohnungen und öffentlichen Gebäuden. Immobilien mit barrierefreier Ausstattung haben oft einen höheren Wiederverkaufswert und sind leichter zu vermieten.

Förderprogramme von Bund, Kantonen und Gemeinden unterstützen Investitionen in Barrierefreiheit – sowohl im Neubau als auch in der Sanierung. Diese reichen von direkten Zuschüssen bis zu zinsgünstigen Darlehen.

Eine sorgfältige Kosten-Nutzen-Analyse zeigt, dass der Mehrwert oft deutlich grösser ist als die initialen Mehrkosten.

  • Wertsteigerung und bessere Vermietbarkeit
  • Fördermöglichkeiten im Neubau und bei Sanierungen
  • Langfristige Kostenersparnis durch reduzierte Umbauaufwände

Tipp: Förderprogramme frühzeitig prüfen – Antragstellung ist oft nur vor Baubeginn möglich.

 

Quelle: bauenaktuell.ch-Redaktion
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